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The Prelude (1850), Book VI, 517-540
Valley of Trient, Mont Blanc, Valley of Chamonix

      Well might a stranger look with bounding heart
Down on a green recess, the first I saw
Of those deep haunts, an aboriginal vale,
Quiet and lorded over and possessed
By naked huts, wood-built, and sown like tents
Of Indian cabins over fresh lawns
And by the river side.

                                          That very day,
From a bare ridge we also first beheld
Unveiled the summit of Mont Blanc, and grieved
To have a soulless image on the eye
That had usurped upon a living thought
That never more could be. The wondrous Vale
Of Chamouny stretched far below, and soon
With its dumb cataracts and streams of ice,
A motionless array of mighty waves,
Five rivers broad and vast, made rich amends,
And reconciled us to realities.
There small birds warble from the leafy trees,
The eagle soars high in the element,
There doth the reaper bind the yellow sheaf,
The maiden spread the haycock in the sun,
While Winter like a well-tamed lion walks,
Descending from the mountain to make sport
Among the cottages by beds of flowers.

Das Präludium (1850), Buch VI, 517-540
Tal des Trient, Mont Blanc, Tal von Chamonix

      Herzklopfend mag ein Fremder wohl hinunter
auf solchen grünen stillen Winkel schaun,
wo1 ich zuerst auf jenen Rückzugsort2
hinabgeblickt, ein ursprüngliches Tal:
Voll Ruhe lag es da, beherrscht von Hütten,
die schlicht aus Holz gebaut und ausgesät
wie eine Ansammlung Indianerzelte
auf frischem Grün am Fluss.
                                         Am gleichen Tag
erblickten wir von einem kahlen Joch3
den Gipfel des Mont Blanc ganz unverhüllt
und sind betrübt ob eines Bilds vor Augen,
das seelenlos ist, – mit Gewalt Besitz
ergreift vom lebhaft Vorgestellten, was
nun nie mehr konnte in uns weiterleben.
Das wundersame Tal von Chamouny4
erstreckte weit sich unter uns und bald
entschädigte es reichlich und versöhnt
mit dem Gegebenen: mit seinen Strömen
aus Eis und ihren stummen Katarakten,
bewegungsloser Staffel mächtger Wogen,
mit den fünf Flüssen, breit und ausgedehnt.
Dort kleine Vögel zwitschern aus dem Laub,
der Adler segelt hoch am Firmament,
der Schnitter bindet gelbe Garben, Heu
die Mädchen breiten aus im Sonnenschein,
wogegen Winter wie ein recht gezähmter
Löwe herumspaziert, vom Berg herab
mal steigt, um sich ‘nen Spaß zu machen bei
den Bauernhäusern an den Blumenbeeten.

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1. Am Col de la Forclaz
2. Tal des Trient
3. Am Col de Balme, wahrscheinlich am 12. August 1790.
4. Vgl. dazu auch Wordsworths Verse in seinen Descriptive Sketches, 1793.
Meine Übertragung der Couplets in der Fassung von 1836 (Zeilen 584-598)
in Blankverse:
      Zum Schluss lass wenden uns nach Chamouny,
das schirmt mit Fels und dunklem Wald die Flur.
Fünf Ströme Eis inmitten Hütten ab
dort steigen; Wiesenblumen, blühnde Bäume
dazwischen sind gemischt, ein Anblick, der
bei weitem schöner noch als das, was uns
von Purpurlicht erdichtet hat ein Grieche,
von Ebenen, wo immer Frühling ist.
Vier Jahreszeiten feiern hier beinand:
Auf grünen Matten und am schattgen Ort,
von muntrer Flüsschen Hauch umweht, sie tolln
um jenen unvergleichlich hohen Berg,
der auf Distanz bleibt zu der Sommernacht.
Jahrhundertlang in seinem einsam Reich
das Krachen der Zerstörung wiederhallt:
Entsetzliche Verwüstung! Heiter doch
der Gipfel, wo am Tag auf ewgem Schnee
das Licht verweilt, darüber nachts die Sterne
funkeln und tief im Tal ist alles schwarz.
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